Idaflieg Flugmessanlage
Ziel
Im Rahmen des Projektes “messBUS” soll eine Flugmessanlage entwickelt werden, die sich besonders durch hohe Flexibilität und einfache Anwendbarkeit auszeichnet. Die Anlage soll in einer großen Vielfalt von flugwissenschaftlichen Missionen genutzt werden können. Durch den Einsatz im Flugzeug ergeben sich darüber hinaus besondere Anforderungen an Größe, Gewicht, Stromverbrauch und elektromagnetische Robustheit. Da keine der auf dem Markt zur Verfügung stehenden Anlagen diese Anforderungen erfüllt, haben das Institut für Flugführung (Technische Universität Braunschweig), die messWERK GmbH und, als jüngstes Mitglied, die idaflieg e.V. beschlossen, eine eigene Anlage zu entwickeln. Es folgt eine nähere Erläuterung der Ziele und Anforderungen:
Flexibilität
Die Anlage muss eine zum Entwicklungszeitpunkt noch nicht absehbare Vielzahl an Messaufgaben erledigen können. Gleichzeitig soll aber bei einem Einsatz nur jene Ausrüstung transportiert werden, welche für die konkrete Messaufgabe relevant ist. Deswegen wird die Anlage strikt modular aufgebaut, und alle Module über einen seriellen Bus miteinander verbunden. So können jederzeit neue Module entwickelt und eingebaut oder ungenutzte Module entfernt werden.
Zukunftsfähigkeit
Die Messanlage soll nicht an den heutigen Stand der Technik gebunden sein. Durch den modularen Aufbau können einzelne Teile leicht durch neuere Technik ersetzt werden, wenn die herkömmliche zur Erledigung einer Aufgabe nicht mehr ausreichen sollte. Ein Beispiel hierfür wäre die Verwendung von Lichtwellenleitern zur Datenübertragung.
Einfache Anwendbarkeit
Da die Anlage auch ohne eingehende Schulung genutzt werden können muss, sollte sie unkompliziert im Gebrauch sein. Dazu gehört auf mechanischer Ebene ein einfaches “Zusammenstecksystem”, auf Softwareebene eine automatische Konfiguration aller Komponenten und ein intuitives Benutzerinterface. Um die einfache und schnelle Einsetzbarkeit zu gewährleisten, ist darüber hinaus eine gute Robustheit gegenüber mechanischen, elektromagnetischen und Temperatureinflüssen vonnöten.
Effiziente Datenübertragung
Um mit möglichst wenig Leitungen auszukommen, gleichzeitig aber viele Module in das System integrieren zu können, muss ein schnelles serielles Bussystem verwendet werden. Hierfür wurde der messBUS entwickelt, da wiederum kein bestehendes System den Anforderungen entspricht – unter anderem auf Grund der geforderten Zeitsynchronität der gemessenen Signale.
Umsetzung
Busprotokoll
Der messBUS wurde bei IFF und messWERK erarbeitet. Er ist, vereinfacht dargestellt, eine Weiterentwicklung des TTP/A. Bei dem Busprotokoll handelt es sich also um ein echtzeitfähiges, zeitscheibenbasiertes Master/Slave-System. Der Master stellt dabei das Herzstück der Anlage dar und übernimmt u. a. die Steuerung der Kommunikation: er beginnt jede Zeitscheibe (eine Zeitscheibe hat 10ms) mit einem Synchronisationspuls für alle anderen Teilnehmer und ruft dann einen bestimmten Betriebsmodus auf, der den weiteren Kommunikationsverlauf innerhalb dieser Zeitscheibe bestimmt. Im “Discoverymodus” holt er erste Informationen über die angeschlossenen Teilnehmer ein und weist ihnen eine businterne Identifikationsnummer zu. Im “Initialisierungsmodus” teilt er jedem Teilnehmer eine Sendezeit innerhalb der Zeitscheibe zu. Die Länge der Sendezeit wird dabei genau auf die Bedürfnisse des Teilnehmers zugeschnitten.
In der Hauptphase werden – synchronisiert durch den Bustakt – Messdaten aufgenommen, mit einem Zeitstempel versehen und innerhalb der vorgegebenen Sendezeit an den Master geschickt. Dieser ist für das Speichern der Daten zuständig. Darüber hinaus kann der Master noch eine ganze Reihe weiterer Funktionen übernehmen, die der Konfiguration der Teilnehmer oder der Organisation der Kommunikation dienen. Die Art der Teilnehmer beschränkt sich dabei nicht auf Sensorknoten: Aktoren, Anzeigeelemente, Gateways und andere sind denkbar. Auch das Busprotokoll selbst ist so konzipiert, dass sich Weiterentwicklungen leicht integrieren lassen, wobei aber Abwärtskompatibilität obligatorisch ist.
Hard- und Software
Zur Umsetzung des Busprotokolls und zur Erledingung weiterer Aufgaben eines Teilnehmers wird bis auf weiteres ein Mikrocontroller aus der STM32F4 Reihe verwendet. Für die Programmierung wird die HAL-Bibliothek genutzt, die die Portabilität des Codes auf andere Controller des Herstellers garantiert. Darüber hinaus sind aber auch parallele Entwicklungen, z.B. auf Basis von FPGAs, angedacht. Beim Institut für Flugführung wird derzeit der Master entwickelt. Da in diesem sehr viele Funktionen vereint sind, verläuft der Entwicklungsprozess schrittweise: zuerst wurde ein Master gebaut, der nur grundlegende busorganisatorische Fähigkeiten hatte, und seinerseits vom Computer gespeist wurde. Die übrigen Teilnehmer konnten ebenfalls nur einen kleinen Teil des Protokolls verstehen bzw. umsetzen. Im zweiten Schritt wurde dann mehr Intelligenz in den Master verlagert, und die Teilnehmer weiterentwickelt, usw. Funktionierende Bauteile, die aber das Protokoll noch nicht vollständig nutzen, sind bereits im Einsatz.Bei der idaflieg wird an der slaveseitigen Implementation des Busprotokolls gearbeitet und gleichzeitig ein “Demo-Slave” entwickelt, der später als universelles Enwicklungsboard genutzt werden können soll. Mit diesem lassen sich grundlegende Messaufgaben bearbeiten, ohne dafür erst entsprechende Hardware entwickeln zu müssen. Darüber hinaus stellt das Entwicklungsboard viele gängige Schnittstellen für den Anschluss externer Geräte bereit.
Ausblick und ausstehende Aufgaben
Am IFF werden aktuell unbemannte Flugsysteme mit messBUS Sensorik aufgebaut, welche für meteorologische Kampagnen in Europa, Afrika und der Antarktis eingesetzt werden. Messkampagnen in der Arktis befinden sich in der Beantragung. Ebenso soll die Hubschrauber-Schleppsonde Helipod mit dem messBUS ausgerüstet werden.
messWERK setzt den messBUS schon heute für Flugmessaufgaben ein. Insbesondere bei Strukturuntersuchungen und Flugschwingversuchen, wofür eine große Menge an Dehnungsmessstreifen und Beschleunigungsaufnehmern benötigt werden, ist der Einsatz von messBUS unerlässlich. Weiterhin vertreibt die Fa. messWERK eine Kleinmessanlage, die sich gerade im redesign befindet und auf messBUS setzen wird. Die Anlage soll im Laufe des Jahres 2016 fertiggestellt werden.
Die idaflieg geht davon aus, bis Ende dieses Jahres den messBUS clientseitig vollständig auf Softwareebene implementiert zu haben. Es wird angestrebt, in der ersten Hälfte des kommenden Jahres einen kleinen Satz voll funktionsfähiger Clients fertigzustellen, die dann auf dem Sommertreffen der idaflieg erprobt und eingesetzt werden können. Darüber hinaus wird im Rahmen einer Bachelorarbeit an einem EMV-Konzept für die Anlage gearbeitet.